Stimmt das? Ist es wirklich der TON, der die Musik macht? Oder lässt erst der KLANG die Musik zu einem besonderen Erlebnis werden?
Gute Musik braucht die richtigen Töne in Form einer guten Stimmung. Wir können einen Ton jedoch erst dann genießen, wenn er angenehm klingt!
Natürlich achten wir zu Recht darauf, ob ein Ton stimmt oder nicht. Aber nur selten bemerken wir bewusst,
Vor allem im zuletzt genannten Fall trauen wir uns auch häufig nicht das Recht zu, das unsere Meinung tatsächlich objektiv ist und zutrifft, wenn wir zum Beispiel feststellen, dass ältere Pianos ganz anders klingen als die modernen Kleinklaviere.
Das Phänomen Klang streichelt unsere Seele. Dennoch ist Klang nur selten ein Thema. Eher auf der Ebene der mit Worten nur schwer fassbaren Empfindungen haben wir eine Meinung, wie die meisten der heute produzierten Klaviere klingen. Vielleicht sind wir diesbezüglich vom romantischen Klangbild her verwöhnt. Aber wir begründen in der Konsequenz mit unseren Hörempfindungen ein Vorurteil, das sich grundsätzlich gegen diese Pianos aus der Massenfertigung richtet. Dabei sprechen wir den Klang als Maßstab gar nicht ausdrücklich an. Wir meinen, diese Klaviere seien nicht so gut, aber wir sagen nicht, dass sie für unsere Ohren zum Beispiel ungewohnt oder unangenehm klingen. Der Klang schwingt als Thema lediglich unterbewusst mit und gibt uns quasi aus dem Bauch heraus eine nahezu absolute Sicherheit hinsichtlich unseres Qualitätsurteils. Denn unbestritten ist:
Der Pianoklang als Endergebnis aller vorhergehenden Bemühungen ist für die Qualität eines Instruments DAS entscheidende Kriterium!
Vielleicht wollen Sie jetzt einwenden, dass sich diese Frage nach dem Kauf eines Klaviers erübrigt. Denn Sie glauben, der Klang Ihres Instruments sei durch die Konstruktion festgelegt und daher nicht mehr beeinflussbar. Diese Annahme ist jedoch nur ein Teil der ganzen Wahrheit!
Oder Sie gehen davon aus, dass dieses Thema aller Wahrscheinlichkeit nach einen teuren Konzertflügel aber bestimmt nicht Ihr damals günstig gekauftes Klavier betrifft. Dann werden auch Sie die folgenden Informationen überraschen!
Machen wir also den Klang zu unserem Hauptthema. Wie hört sich die aktuelle Klangnorm eigentlich an und wie ist sie entstanden?
Vermutlich ist Ihnen bekannt, dass die Saiten eines Klaviers oder Flügels über die Tasten mit kleinen Filzhämmern angeschlagen werden. Welchen Klang würden Sie erwarten, wenn Sie sich einmal vorstellen, dass gepresster Filz auf Stahlsaiten schlägt? Ich würde annehmen, dass dies einen weichen Klang ergibt. Doch die mittlerweile weitgehend industriell gefertigten Pianos haben einen so genannten brillanten Klang. Die Eigenschaft brillant interpretiere ich dabei eher als eine Be-Wertung als eine Be-Schreibung des Klangs. Denn unter brillant versteht man (laut Duden) glänzend und hervorragend. Aber wir denken bei brillant auch an den Brillanten; als geschliffenen Diamanten. Hier schließt sich der gedankliche Kreis aus einer verbalen Umschreibung und der konkreten Hörvorstellung. Schließlich wissen wir, dass außergewöhnliche Härte eine besondere Eigenschaft des Diamanten ist. Trotzdem bleibt gegenüber dem brillanten Klang eines Klaviers eine Art innerer Widerspruch. Denn die Saiten des Klaviers werden heute immer noch von gepresstem Filz angeschlagen.
Beim historischen Hammerklavier schlugen lediglich mit Leder überzogene Holzkerne gegen die Saiten. In der Anfangszeit des Klavierbaus war Filz noch unbekannt. Erst 1826 begannen die Klavierbauer, mit dem neuen Material Filz Erfahrungen zu sammeln. Damals war es unvorstellbar, die Filzstreifen mit einem derart hohen Druck auf die Holzkerne zu pressen, wie das heute möglich ist. Der aktuell stärkere Anpressdruck führt zu einer höheren Spannung der Hammerfilze. Dies begünstigt den in der Werbung so bezeichneten brillanten Klang, der folglich im Wesentlichen von vergleichsweise härteren Filzen verursacht wird.
Darin liegt gleichzeitig die Chance für die Abstimmung zu einem harmonischen Klangbild! Die Spannung im Filzhammer kann nachträglich noch zu Gunsten eines weicheren Klangs beeinflusst werden. Daher lautet die Antwort auf die Frage, ob entweder der Ton oder der Klang die Musik macht:
Sowohl der Ton als auch der Klang müssen stimmen, damit die Musik gut ankommt. Ton und Klang sind ein sich gegenseitig ergänzendes Paar, das zusammen gehört. Der Ton muss gut klingen! Erst dann wird aus einem richtigen Ton der gute Ton!
Wenn Sie eingangs der Meinung waren, dass der Klang durch die Konstruktion festgelegt sei, dann wird Sie nun das Gegenteil nicht überraschen:
Der Klang verändert sich genau genommen ständig! Wie bereits erwähnt schlagen kleine Filzhämmer gegen die Stahlsaiten. Je nach Häufigkeit und Stärke des Anschlags wird der auf den Holzkern aufgepresste Filz in sich zusammengedrückt. Im Lauf der Zeit können Sie die Spuren dieses Vorgangs auf der Filzoberfläche sehen und die Folgen am Klang hören! Die so immer wieder entstehenden feinen Unterschiede im Klang einzelner Töne können im Anschluss an eine Klavierstimmung durch eine fachgerechte Intonation harmonisiert werden.
Die Industrie bietet bei den neuen Klavieren mittlerweile standardmäßig als drittes Pedal eine Zusatzleistung, die man als eine Schein-Lösung zu den neuerdings härteren Filzhämmern interpretieren kann: Den Moderator (siehe unten das Hörbeispiel). Das ist eine Filzleiste, die sich durch Betätigen des dritten Pedals zwischen die Saiten und die Filzhämmer schiebt. Spielt man nun einen Ton, schlägt der Filzhammer erst gegen den Filzstreifen und dann durch den Filzstreifen hindurch gegen die Saiten. Der Ton wird dadurch leiser. Eine Maßnahme, die für das nachbarfreundliche Klavierspiel in Mietwohnungen empfohlen wird. Doch der Moderator hat einen technischen Nachteil. Er verführt mich dazu, die Taste wie bei einem elektronischen Keyboard ohne den spürbaren Druckpunkt der Auslösung und somit ohne Gefühl durchzudrücken. Aufgrund des Filzstreifens vor den Saiten, bemerke ich beim Spielen das Auslösen kaum noch. Dieser Vorgang würde nämlich räumlich genau dort stattfinden, wo der Filzhammer auf den Filzstreifen trifft. Das heißt, der Moderator hat einen negativen Einfluss auf die Spielart. Daher ist diese technische Vorrichtung keine Alternative dazu, ein neues Klavier mit Filzen, die eine vergleichsweise erhöhte Spannung haben, weicher zu intonieren. Gleichzeitig verringert sich bei einer weicheren Intonation auch die beim Anschlag ausgelöste Energie, die unser Trommelfell verarbeiten muss. Wussten Sie, dass die Natur unsere Ohren mit einem Lärm-Reflex hat? Dieser Reflex verringert die Schwingungsenergie eines plötzlichen auftretenden Geräuschs um bis zu zwei Drittel, bevor sie auf das empfindliche Innenohr trifft. Aber auch das ist keine Alternative, denn aus der Rockmusik ist bekannt, dass der dauerhafte Einsatz dieses Schutzmechanismus zur Erschöpfung der entsprechenden Muskeln führt. Die Ermüdung der zwei kleinen Muskeln an den Gehörknöchelchen begünstigt die Schwerhörigkeit.
Klavierklang normal Klavierklang mit ModeratorDaher scheint es nur logisch, sich wieder auf den Wohltemperierten Klang zu besinnen. Der wohltemperierte Klang? erscheint Ihnen bereits bekannt zu sein und gleichzeitig wirkt es neu. Bekannt ist Ihnen Das Wohltemperierte Klavier von Johann Sebastian Bach.
Der Begriff Wohl-temperiert leitet sich von dem lateinischen Wort temperare ab. Temperare heißt in das gehörige Maß setzen, in das richtige Mischungsverhältnis bringen. Es wurde im 13.Jahrhundert als temperieren in unseren Sprachgebrauch übernommen. Gemeint war damit mäßigen, auf eine mäßig warme, gut abgestimmte Temperatur bringen. Die Temperatur ist daher nichts anderes als der in Graden gemessene Wärmezustand eines Körpers oder der Luft. (Diese Defintionen sind dem Herkunftswörterbuch von Duden entnommen).
Bei der Wohl-temperierten Stimmung wurde der beim Wechsel der Tonart unüberhörbare Fehler der reinen Stimmung auf ein derart kleines Maß verringert, dass man circa seit dem Jahr 1700 auf Tasteninstrumenten in allen Tonarten spielen kann. Andreas Werckmeister wird als der Erfinder der Wohltemperierten Stimmung genannt. Aber erst Johann Sebastian Bach hat mit dem Wohltemperierten Klavier im Sinne einer effektiven Werbekampagne dieser Stimmung zum Durchbruch verholfen.
Bei der Wohltemperierten Stimmung ging es darum, das richtige Maß zu finden, um das Tasteninstrument maximal nämlich in allen möglichen Tonarten zu nutzten. Beim Wohltemperierten Klang geht es um das für unsere Ohren richtige Maß eines Wohlklangs. Der Wohlklang ist subjektiv und kann nur individuell optimiert werden. Eine industrielle Klang-Norm kann das nicht leisten. Es bedarf der Feinabstimmung, die sich der Klavierstimmung anschließt. Das folgende Hörbeispiel wurde an einem chinesischen Klavier mit dem Namen Mendelssohn erstellt:
Klavier gestimmt aber noch nicht intoniert Klavier gestimmt und intoniertDas Wohltemperierte Klavier als ein Aufruf an das ganzheitliche musikalische Empfinden beinhaltet wie oben bereits erläutert den Anspruch sowohl auf eine moderne Klavierstimmung als auch auf den ohrenfreundlichen Wohltemperierten Klang!
Übrigens: Falls Ihnen nicht so ganz klar ist, wie die Saiten in Ihrem Klavier von Filzhämmern angeschlagen werden, dann können Sie sich das hier anhand der beiden Modelle einer Klaviermechanik sowie einer Flügelmechanik einmal ganz in Ruhe ansehen. Folgen Sie einfach dem Hinweis Mechanik-Modelle oben auf der rechten Seite im Menü der Navigation durch die Seiten dieser Homepage.